Kaufvertrag, Haus, Sachmangel: Ihre Rechte
- Rechtsanwalt Simon Dotterweich

- 7. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Die Folgen können gravierend sein, wenn sich nach der Übergabe herausstellt, dass das erworbene Haus oder die Wohnung gravierende Mängel aufweist, die bei der Besichtigung nicht erkennbar waren. Diese sogenannten versteckten Mängel können den Wert der Immobilie erheblich mindern oder sogar ihre Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigen.
In Deutschland ist die Rechtslage rund um Gewährleistung, Haftung und Mängelrechte beim Immobilienkauf komplex. Der Grund liegt vor allem darin, dass Kaufverträge über Grundstücke und Gebäude fast immer notariell beurkundet werden und in der Praxis häufig Gewährleistungsausschlüsse enthalten. Dennoch genießen Käufer einen rechtlichen Schutz – insbesondere, wenn der Verkäufer Mängel arglistig verschwiegen hat.
1. Wann liegt ein Mangel vor?
Ein Mangel liegt vor, wenn die tatsächliche Beschaffenheit der Immobilie von der vereinbarten oder geschuldeten Beschaffenheit abweicht. Das bedeutet, dass ein Mangel immer dann besteht, wenn die Immobilie nicht die Eigenschaften aufweist, die im Vertrag festgelegt wurden oder die üblicherweise erwartet werden können. Dabei kann es sich sowohl um Sachmängel handeln, wie zum Beispiel Feuchtigkeitsschäden, Schimmelbildung, Asbestvorkommen oder andere bauliche Mängel, die den Wert oder die Nutzbarkeit der Immobilie beeinträchtigen. Ebenso können Rechtsmängel vorliegen, wie etwa fehlende Baugenehmigungen, bestehende Wegerechte Dritter oder andere rechtliche Belastungen, die den Eigentümer in der Nutzung oder Verwertung der Immobilie einschränken.
2. Arglistiges Verschweigen – der Dreh- und Angelpunkt
Da Gewährleistungsausschlüsse üblich sind, stützen sich Käufer bei versteckten Mängeln fast immer auf den Vorwurf des arglistigen Verschweigens.
Dieses kann in manchen Fällen selbst dann angenommen werden, wenn der Verkäufer Unterlagen übergibt, aus denen Mängel hervorgehen: Der Verkäufer erfüllt seine Offenlegungspflicht nur dann, wenn er berechtigterweise erwarten darf, dass der Käufer die Unterlagen nicht nur zur allgemeinen Information, sondern unter einem bestimmten Gesichtspunkt gezielt prüfen wird (siehe BGH, Urteil vom 11.11.2011 - V ZR 245/10). Sollte dies bei Ihnen zutreffen, nehmen Sie unverbindlich Kontakt mit mir auf, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
3.1 Voraussetzungen
Ein Verkäufer handelt arglistig, wenn er:
einen Mangel kennt oder für möglich hält,
ihn dem Käufer nicht offenbart,
obwohl er weiß, dass der Käufer bei Kenntnis den Vertrag nicht oder nicht zu denselben Bedingungen geschlossen hätte.
Dabei genügt bedingter Vorsatz („Für möglich halten und billigend in Kauf nehmen“). Fahrlässige Unkenntnis reicht nicht aus.
3.2 Offenlegungspflichten des Verkäufers
Die Rechtsprechung hat klare Grundsätze entwickelt, wann Verkäufer offenlegungs- und aufklärungspflichtig sind. Eine Pflicht zur Offenbarung besteht insbesondere bei:
verdeckte Feuchtigkeit im Mauerwerk
undichte Dächer oder Balkone
Schädlingsbefall im Gebälk
nicht sichtbare Altlasten im Erdreich
fehlende oder mangelhafte Baugenehmigungen
verdeckte Schäden an Leitungen oder Elektrik
baurechtswidrige Nutzung der Immobilie
Vorhandensein von Bleirohren
Die Arglist ist durch die stetig wachsende Anzahl an Gerichtsentscheidungen zu ungefragt offenzulegenden Mängeln mittlerweile der wichtigste Ausgangspunkt für die Haftung eines Verkäufers.
Nicht aufklärungspflichtig sind hingegen Bagatellen oder leicht erkennbare Mängel. Auch in anderen Fällen kann die Offenbarungspflicht des Verkäufers entfallen.
3.3 Beweislast
In einem Prozess trägt grundsätzlich der Käufer die Beweislast für das arglistige Verschweigen und der Verkäufer für die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis des Käufers. Der Käufer muss beweisen
das Vorliegen des Mangels,
die Kenntnis des Verkäufers,
und die fehlende Offenbarung trotz Pflicht.
Dies ist oft der schwierigste Punkt. Typische Beweismittel sind Sachverständigengutachten, Zeugen (z. B. Handwerker, Nachbarn) oder Schriftverkehr mit dem Verkäufer. Da eine unterbliebene Aufklärung als negative Tatsache in diesem Sinne nicht bewiesen werden kann, kommen dem Käufer prozessuale Erleichterungen zu Gute (negative/sekundäre Beweislast).
4. Rechtsfolgen
Liegt ein Mangel vor, den der Verkäufer arglistig verschwiegen hat, stehen dem Käufer verschiedene Rechte zu, unter anderem:
4.1 Rücktritt vom Kaufvertrag
Der Käufer kann vom Vertrag zurücktreten. Folge: Rückabwicklung, das heißt Kaufpreis gegen Rückgabe der Immobilie. In der Praxis selten, da der Käufer meist schon investiert hat wenn der Mangel entdeckt wird.
4.2 Minderung des Kaufpreises
Häufiger wird die Minderung gewählt. Der Kaufpreis reduziert sich entsprechend des Verhältnisses zu dem Minderwert der Immobilie durch den Mangel.
4.3 Schadensersatz
Der Käufer kann Schadensersatz verlangen. Dazu gehören z. B. Sanierungskosten, Gutachterkosten oder auch der entgangene Gewinn bei geplanter Vermietung.
Gemeinsam können wir besprechen, welche weiteren Optionen bestehen und was in Ihrem Einzelfall am sinnvollsten ist. Nehmen Sie hierzu unverbindlich Kontakt mit mir auf.
5. Ausschlussfristen und Verjährung
Ansprüche wegen Sachmängeln unterliegen bestimmten Verjährungsfristen:
Regelfrist bei Kaufverträgen: 2 Jahre
Regelfrist bei Bauwerken: 5 Jahre
bei arglistigem Verschweigen: 3 Jahre ab Kenntnis, längstens 10 Jahre (§ 438 Abs. 3 i.V.m. § 199 Abs. 4 BGB; bei Bauwerken aber nicht vor Ablauf von 5 Jahren seit Übergabe, § 634a Abs. 3 S. 2 BGB)
Das bedeutet: Käufer haben in der Praxis oft einen langen Zeitraum, um ihre Ansprüche geltend zu machen – vorausgesetzt, sie können die Arglist beweisen.
6. Praktische Hinweise für Käufer
Um das Risiko zu verringern, sollten Käufer folgende Punkte beachten:
Sorgfältige Besichtigung: Mehrfach, bei Tageslicht, auch Keller und Dachboden.
Sachverständigen einschalten: Vor allem bei älteren Gebäuden oder auffälligen Stellen.
Unterlagen prüfen: Baupläne, Genehmigungen, Energieausweis, Protokolle der Eigentümerversammlungen.
Vertragliche Sicherung: Möglichst konkrete Beschaffenheitsvereinbarungen aufnehmen (z. B. „Dach ist 2015 vollständig saniert“) und idealerweise Garantien vereinbaren. Im Immobilienkaufvertrag können darüber hinaus weitere Zusicherungen bezüglich des Vorhandenseins wesentlicher Sachmängel formuliert werden.
Dokumentation: Fotos, E-Mails und Gespräche festhalten, um später Beweise zu haben.
7. Strategien für Verkäufer
Auch Verkäufer haben ein Interesse daran, rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden. Empfehlenswert ist:
Ehrliche Offenlegung aller bekannten Mängel
schriftliche Dokumentation der Hinweise an den Käufer
professionelle Gutachten zur Absicherung
klare Vertragsgestaltung
Ein vollständiges Verschweigen kann teuer werden, da im Streitfall nicht nur Sanierungskosten, sondern auch Anwalts- und Gerichtskosten auf den Verkäufer zukommen. Im Einzelfall können auch Straftatbestände verwirklicht werden.
8. Prozessuale Besonderheiten
Kommt es zum Rechtsstreit, spielen folgende Punkte eine Rolle:
Beweisaufnahme durch Sachverständige: Gutachten zu Feuchtigkeit, Statik, Schadstoffbelastung.
Zeugen: Handwerker, Nachbarn oder sogar Makler.
Kostenrisiko: Prozesse über Immobilienmängel sind teuer; Streitwerte liegen schnell im sechsstelligen Bereich.
9. Fazit
Versteckte Mängel beim Immobilienkauf sind ein erhebliches Risiko – sowohl rechtlich als auch finanziell. Käufer sind zwar rechtlich nicht schutzlos, müssen aber im Streitfall die Arglist des Verkäufers beweisen. Daher ist eine sorgfältige Vorbereitung und Dokumentation beim Immobilienkauf unverzichtbar.
Verkäufer wiederum sind gut beraten, bekannte Mängel offen zu legen, um spätere Prozesse zu vermeiden.
Die Praxis zeigt: Eine klare Kommunikation, transparente Vertragsgestaltung und im Zweifel der Rückgriff auf Sachverständige sind die besten Mittel, um die oft langwierigen und kostspieligen Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.
Nehmen Sie jetzt unverbindlich Kontakt mit mir auf, um sich vertraglich abzusichern oder Ihre Rechte durchzusetzen.